Ottilie Davidová
geb. Kafka

* 1892    † 1943

 

Lebenslauf

Ottilie Kafka wurde am 29. Oktober 1892 in Prag geboren. Sie war die jüngste Schwester von Franz Kafka. Nach dem Besuch der deutschen Mädchenschule in der Fleischergasse wechselte sie vermutlich wie ihre beiden älteren Schwestern auf ein privates Fortbildungsinstitut. Nach dem Ende ihrer Schulausbildung arbeitete sie als einzige der Geschwister im elterlichen Geschäft.

Briefe an Ottla

Sie stand ihrem Bruder von den drei Schwestern am Nächsten, was sich auch sehr gut an einem Briefwechsel zeigt, der Franz Kafka in einem ungewöhnlich intimen Licht zeigt. In seinem Tagebuch bekennt er, dass sie ihm „unbeschadet der Liebe zu den anderen, die bei weitem liebste“ sei. Sie erschien ihrem Bruder als “groß und stark”, begehrte auch gegen den strengen Vater auf. Ottilie, genannt Ottla, traf sich mit ihrem Bruder häufig im Badezimmer, wo sie plauderten und Späße machten. Hier war Franz Kafka wohl so ausgelassen wie sonst nie.

Er teilte Ottla auch Alltägliches mit:

„Es wird dich doch liebe Ottla interessieren, dass ich in dem Hotel zum Ross auf der andern Seite einen Kalbbraten mit Kartoffeln und Preisselbeeren, hierauf eine Omelette gegessen und dazu und hierauf eine kleine Flasche Apfelwein getrunken habe . . . Dann setzte sich die Kellnerin zu mir und wir sprachen von des ,Meeres und der Liebe Wellen‘ zu denen abends zu gehn wir unabhängig von einander uns entschlossen hatten. Es ist ein trauriges Stück.“

Der Briefwechsel mit Ottla wurde zu einem Stück Literatur. Insgesamt ist es ein Konvolut von 45 Briefen, 32 Postkarten und 34 Bildpostkarten. Originalbriefe kamen 2011 zur öffentlichen Versteigerung. Das Deutsche Literaturarchiv Marbach und die Bodleian Library in Oxford erhielten gemeinsam den Zuschlag.

Gegenseitige Unterstützung der Geschwister

Kafka brachte sie dazu, dem “Klub jüdischer Frauen und Mädchen” beizutreten. Sie begann sich in diesem Zusammenhang für die zionistische Bewegung zu interessieren.

Ihr Bruder unterstützte sie gegen den vehementen Widerstand des Vaters dabei, ein kleines Gut in dem westböhmischen Dorf Zürau zu übernehmen, das der Familie ihres Schwagers Karl Hermann gehörte.

Von Mitte April 1917 bis zum Herbst 1918 bewirtschaftete Ottla Kafka das Zürauer Gut, und von September 1917 bis April 1918 nahm sie dort auch ihren Bruder auf, der nach dem Ausbrechen seiner Lungenkrankheit Erholung auf dem Land suchte. Im März 1919 kehrte sie nach Prag zurück, fand dort aber keine Stellung in einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Familiengründung, gemeinsame Zeit mit Bruder Franz

m Jahre 1920 ehelichte Ottilie Kafka den katholischen Tschechen Josef David. Ihr Vater hatte Bedenken gegen Religionszugehörigkeit und Nationalität ihres Bräutigams, auch wenn er ihn persönlich sympathisch fand. Doch auch bei dieser Auseinandersetzung setzte sich Ottilie durch. Die Geburt der beiden Töchter Věra (1921) und Helene (1923) und ihre Entwicklung wurden von Franz Kafka mit großer Anteilnahme verfolgt; auch bemühte er sich um ein gutes Verhältnis zum Ehemann seiner Schwester. Im Sommer 1922 verbrachte Franz mit der Familie David drei Monate auf dem Land in Planá nad Lužnicí. Ottla war es auch, die in Kafkas letzten Jahren, während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit von Prag, in seinem Auftrag die Unterhandlungen mit seinen Vorgesetzten führte, um Verlängerungen seiner Urlaube oder seine Pensionierung zu erwirken. In Kafkas letztem Lebensjahr besuchte sie ihn in Berlin und hielt den Kontakt zu ihm brieflich aufrecht.

Unglückliche Ehe, Scheidung

Die Ehe zwischen Ottilie und Josef David war nicht glücklich, es gab auch zu lange Trennungsphasen durch den Krieg. Die Beziehung zu Josef David hatte nämlich schon vor dem Krieg begonnen.
Im Februar 1940 reichte er die Scheidung ein, die im August 1942 vollzogen wurde. Aufgrund dessen verlor Ottla ihren Schutz gegen die Judenverfolgung.

Deportation, Ermordung in Auschwitz

Daraufhin wurde sie wie viele andere Juden aus Prag in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort wirkte sie als Fürsorgerin in einem Säuglingsheim. Mit Hilfe eines Gendarmen konnte sie Briefe zu ihren Töchtern schmuggeln. Ihre Töchter zogen zu Karel Projsa, einem Freund aus der kommunistischen Jugendorganisation und früheren Kafka-Bewunderer und überlebten das NS-Regime. Ottla begleitete im Oktober 1943 als freiwillige Hilfskraft eine Gruppe von Kindern nach Auschwitz, wo sie wenig später ermordet wurde.

Auch Ottlas Schwestern Gabriele und Valerie fielen dem Holocaust zum Opfer.

Eine Gedenktafel am Familiengrab auf dem neujüdischen Friedhof in Prag erinnert an die drei Schwestern

Weblinks

Wir erinnern uns

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Verbunden mit der Familie

Julie Kafka

Julie Kafka

Mutter
*1856 †1934
Hermann Kafka

Hermann Kafka

Vater
*1852 †1931
Valerie Pollak

Valerie Pollak

Schwester
*1890 †1942
Gabriele Kafka

Gabriele Kafka

Schwester
*1889 †1942
Franz Kafka

Franz Kafka

Bruder
*1883 †1924